LOUISE LANG

Artist Statement

Artist Statement

Glas als haptisches Material besteht aus vielen nicht greifbaren intuitiven Prozessen und bleibt am Ende als Material spürbar.

Das Material beeinflusst meine Gedanken und Bewegungen. Meine Gedanken und Bewegungen formen das Material. Ich bin der unsichtbare Regisseur im Hintergrund, inszeniere, beobachte und bearbeite die Gedanken. Ausgehend von einem ersten Gedanken bin ich im Prozess offen, diesen Gedanken weiterzudenken und ihn zu etwas anderem werden zu lassen, um in anderen Medien wie Fotografie, Video, Installation oder Siebdruck den passenden Rahmen zu finden.

 

Als gelernte Glasmacherin ist es für mich ein großer Vorteil, sinnlich mit Glas zu arbeiten und Glas als Werkzeug für eine poetische Herangehensweise in meiner künstlerischen Arbeit zu nutzen. Ich bin auf der Suche nach dem Kern der verschiedenen Eigenschaften des Materials Glas. Entweder um sie bewusst in einer transformierten oder abstrahierten Form in einem anderen Kontext nutzen zu können oder um im Material zu verbleiben, um bestimmte Momente während des Prozesses festzuhalten und einzufangen, die wieder eine Tür öffnen. Aber auch um Prozesse zu verstehen, die ich in Gang setze, um dann die Kontrolle wieder abzugeben.

Wie eng das Material Glas mit dem täglichen Leben unserer Gesellschaft verwoben ist, macht es zu einer Materialität, die nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern auch eigenständig als Materialität existiert. Als Spiegel der Gesellschaft, als Abbild unseres Luxus und der digitalen modernen Welt. Für mich ist es ein Gefühl der Vergänglichkeit und des menschlichen Lebens, der Schnelllebigkeit, des Augenblicks.

An mehr als 80 Orten und über einen Monat hinweg legte und beobachte ich eine orangefarbene rechteckige Glasplatte bei unterschiedlichen Wetterbedingungen in der energetischen, weiten Landschaft der Region Snæfellness / Island. Zwei Gegensätze treffen aufeinander: Natur und Kultur. Es ist eine anstrengende, kraftvolle Sache, die 80 Kilo schwere Glasplatte an immer neue Orte zu tragen und abzutransportieren, so dass außer Spuren im Schnee nichts zurückbleibt. Es ist eine Investition, Teil dieser Landschaft zu werden. Die elementaren Kräfte der Natur treffen auf die Entwicklung der Zivilisation: eine langsame Annäherung. Es ist eine Glasscheibe, die das Licht mal abwehrt und mal durchlässt, die reflektiert, glänzt, sich fast verschwindend einbettet oder doch abhebt, manchmal nur ein wenig schimmert oder wie das letzte Glühen des Himmels ein Zeichen setzt in Orange, Blutrot, Schwarz, Braun, Dunkelrot, Weiß und Silber.

Das daraus resultierende Werk Litbrig∂i Ljóssins umfasst eine Fotoinstallation, eine Serie von Siebdrucken mit dem Titel Erinnerungen und ein Künstlerbuch.
Was ist greifbar? Wo ist die Grenze? Wann und wie sind wir uns unserer eigenen Zerbrechlichkeit bewusst?

Ein Schimmer, ein Sog, scharf und unscharf, verschwindend und aufblasend zugleich. In sanfter Zartheit zerstreut sich das scharf konturierte, hauchdünne, ausgeblasene Glas in seiner eigenen Masse. Jedes Stück spiegelt sich und schafft eine unendliche Tiefe und Erhabenheit. Obstupescere ist ein zufällig aufgetürmter Haufen. Mit der Arbeit Bubbles folge ich diesem Weg: Zerbrechliche Blasen, ein Hauch, fast nichts, so dünn wie möglich, in einem Zug aufgeblasen aus einer kleinen Menge heißen Glases. Sie blähen und dehnen sich teils überraschend, teils geplant aus. Durch die unterschiedlichen Wölbungen und das fragile aufgeblasene Glas reagieren sie reflektierend auf ihre Umgebung und kontrastieren trotz ihrer Transparenz.

Sich selbst im Spiegel zu sehen, sich zu reflektieren und über das nachzudenken, was nicht sichtbar ist. Stoße ich einen Prozess an, um eine Spannung zu erzeugen... und warte auf den Moment, bei dem die Materialität für sich selbst spricht.

Diesen Moment zu finden - um das Unsichtbare festzuhalten.